Hochwald am Lusen im Nationalpark an der Sagwassersäge – BAYERWALDTEAM

Der Nationalpark Bayerischer Wald ist der erste Nationalpark in Deutschland und hat sich schrittweise seit 1970 in einigen Teilen bereits in Richtung eines Urwaldes entwickelt. Auch in den Hangwäldern am Lusen sind die Wälder durch eine Leben und Sterben der Bäume bestimmt, die Baumleichen bleiben, wie im Nationalpark vorgeschrieben, an Ort und Stelle liegen und verwesen langsam durch die Kräfte der Natur und des Waldes. Das Verwesen eines Baumes kann auch länger andauern, als der Baum bisher gelebt hatte. Im Hochwald geht alles in deutlich längeren Zeitspannen vor sich.

Als BesucherIn sind dies mit die beeindruckendsten Bilder  des Bayerischen Waldes. Urwald entsteht nicht durch Technik, Motorisierung und Technologie, sondern durch die Geduld in Jahrhunderten ausgedrückt. Baumstämme kommen am Waldboden zum Liegen. Aufeinander und übereinander, ganz so wie es die Natur in ihrer unendlichen Geduld für richtig hält. Die aufmerksame WanderIn wird dabei die unterschiedlichen Phasen im Lebenskreislauf eines Baumes im Hochwald auch entdecken können.

Am Anfang ist der Tod des Baumes im Hochwald

Am Anfang ist das Ende des Baumes. Wind (Orkan), Borkenkäfer oder einfach das biologische Alter bestimmen den Zeitpunkt wann Schluss ist. Der Baum trägt keine Blätter oder Nadeln und kann so als Baumstamm noch viele Jahrzehnte im Wald stehen bleiben und scjafft so die Grundlage als Nisthöhle für Vögel und ist Lebensraum und auch Nahrung für die Waldgemeinschaft.

Im Waldbezirk Sagwasser und Felsenwandergebiet stehen besonders eindrucksvolle Waldgemeinschaften zwischen den lebenden Bäumen und den abgestorbenen Baumleichen. Das sind Bilder die man aus wirtschaftlich genutzten Wäldern nicht kennt. Das geschlagene oder gefallene Holz muss raus aus dem Wald, hier muss es liegen bleiben und schafft die Grundlage für die kommenden Generationen an Bäumen und anderen teilen der Waldgemeinschaft.

 

Der tote Baum hilft dem Samen zum Keimen

Der Baum wird über lange Zeiträume wieder zu Humus und zu CO2 in der Luft. Der zerfallende Baum schafft das Substrat, die Ansammlung von Humus und Wasser um einem Keim das neue Leben zu ermöglichen.

Hier ist es ein mit Moosen bewachsener abgestorbener Baumstamm. Irgend wann sind die Bedingungen soweit, dass sich auch ein Sämling eines Baumes oder einer Pflanze in dem Substrat einer solchen Pionierpflanze die Bedingung für ein Anwachsen bekommt. Dieser Teppich aus Waldmoosen, hier das Goldene Frauenhaarmoos mit den Sporenkapseln, schafft die Grundlage für diese Sämlinge – einige werden es schaffen zu reifen und groß zu werden – schneller als der Baumstamm zum Zerfall benötigt.

An dieser Stelle hat sich eine Orange Koralle als Pilzart an dem Baumstamm – mitten auf dem vielbegangenen Wanderweg – eingenistet und saugt sich die Nährstoffe aus dem absterbenden Baum und schafft damit für sich und andere Arten einen neuen Lebensraum. der Kreislauf des Lebens kommt in Gang.

 

Ein Sätzling findet eine Nische im Wald

Eine kleine Ritze, eine unscheinbare Vertiefung im alten Baumstamm mag als beginn einer neuen Generation genügen und es entwickelt sich ein neuer Setzling auf dem alten abgestorbenen Baumstamm. Das ist keine Konfiguration für immer, der Setzling wird länger leben, als der alte Baumstamm zum Zerfall Zeit hat.

Alles beginnt ganz klein und schon spreizt der Setzling seine Blätter aus, um möglichst viel Sonnenlicht einfangen zu können.

Im Wald geht es immer um Licht und um Schatten. Alles im Wald strebt zum Licht und es wird derjenige überleben, der mehr und konstanter diese Energiezufuhr für seine eigene Entwicklung nutzen kann. Daher kann das wichtigste Geschenk des alten Baumes an den jungen Setzling sein, eine Lücke im Kronendach – der Zugang zu Licht, Sonne und Energie.

Ob dieser Setzling zu einem großen und alten Baum heranwächst – das ist die Geschichte die der Kreislauf des Lebens im Wald spielt.

 

Licht und Schatten im Wald

Unter dem dichten Kronendach im Hochwald herrscht ein feuchtes Halbdunkel. Wohl dem Baum, der ganz oben das kostbare Sonnenlicht empfangen kann.
In der Waldgemeinschaft schaffen andere Lebensadern neue Impulse für Leben und das Wachstum im Wald.

Wasser – ohne dem geht es auch mit noch so viel Sonnenlicht nicht alleine. Der Nationalpark Bayerischer Wald und auch der Böhmerwald sind sehr Niederschlags reich und dieses Wasser kann in dem Granitfels kaum versickern und wird als Oberflächenwasser zu Tale geführt.

An den Rinnsalen und den Bächlein entsteht Leben in der Waldgemeinschaft – auf unter und zwischen den abgestorbenen Bäumen.

So finden wir hier an dem kleinen Bachlauf, mitten im unendlichen Hochwald mit den sich entwickelnden Urwaldbeständen – eine ganze Gruppe der Großen Kohlweißlings, der hier munter von Blüte zu Blüte flattert und wohl seinen Lebensraum für seinen Kreislauf des Lebens gefunden hat.

 

Und dann kommt wieder der Tod des Baumes

Am Ende ist dann wieder der Tod des Baumes, er zerfällt in seine Bausteine des Lebens und verschwindet aus dem sichtbaren Bereich des Urwaldes, nicht ohne neue Impulse für das Wachstum der nächsten Generationen zu schaffen.

So dreht sich der Kreislauf des Lebens im Urwald und beginnt doch alle 50 – 70 Jahre wieder von vorne.

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