„Nichts Geringeres und nichts Größeres als das Erlebnis namens Heimat“

In der Münchener Kultur-Meile am Gasteig liegt nicht weit entfernt am Hochufer Am Auer Mühlbach im Müncher Stadtteil Au steht das 2020 eröffnete Sudentendeutsche Museum, gleich neben dem theatisch zugehörigen Haus des Ostens, in einem modernen Prachtbau als Begegnungsstätte für den sogenannten vierten Stamm Bayerns – den Sudetendeutschen.

 

Böhmen – Mähren und Schlesien: Besuch im Sudetendeutschen Museum in München

Jetzt ist das Museum schon fünf Jahre da – genügend Gründe an dem regnerischen Sonntag diesem Sudetendeutschen Museum mit seiner Ausstellungsfläche von 1200 Qudratmetern einen ausführlichen Besuch abzustatten. Und schließlich lockt auch das Konterfei von Prof. Dr. h.c. Ferdinand Porsche auf den Plakaten mit einer Sonderausstellung.

Auf der einen Seite ist die Großstadt mit dem Holiday Inn und all dem Treiben einer Metropole. Auf der Ostseite zur Stadt hin, macht sich der fünfstöckige Gebäude mit der hellen Sandsteinfassade fast unscheinbar. Auf die Westseite schmiegt sich der Neubau an das Hochufer des Auer Mühlbachs und ist vom Rauschen des Mühlbachs genauso eingenommen wie von dem vielen Grün als eine vermeintliche Insel in der Großstadt.

Vom Auer Mühlbach aus, geht der Blick auf den monolitischen Baukörper ohne Fester und irgenswelche Akzente wie hinauf auf die Umfassungsmauern einer mittelalterliche Burganlage und strahlt ebenso eine Impossanz im Stadtbild aus. Das macht neugierig und schafft die Grundlage für einen spannenden und lehrreichen Besuch in der elfhundertjährigen Geschichte der Besiedelung in Böhmen und Mähren, sowie im österreichischen Teil von Schlesen.

Die BesucherIn wird schon am Eingang mit einem Sinnspruch am dunkel-getönten Fensterband empfangen:

"Nichts Geringeres und nichts Größeres als das Erlebnis namens Heimat"

 

Der Anfang beginnt ganz Oben

Das Hochufer am Auer -Mühlbach öffnet vom dritten Stock den Blick auf München. Hier beginnt ganz oben im Gebäude die Dauerausstellung und die BeuscherInnen werden sich dann zum Untergeschoß weiter vorarbeiten.

Die Dauerausstellung ist in klaren Themen gegliedert, von ganz oben beginnend arbeitet sich die BesucherIn immer tiefer in das Thema ein, bis man am Ende im Untergeschoß auch am Ende der Ausstellung angekommen ist.

Die Dauerausstellung ist in die folgenden Themen gegliedert:

  • Heimat und Glaube
  • Wirtschaft und Kultur
  • Handwerk und Tradition
  • Nationalismus und Nationalstaat
  • Verlust und Vertreibung
  • Nachkreigszeit und Neubeginn

An dem Sonntag Nachmittag war das Sudetendeutsche Museum zu meine Überraschung sehr gut besucht.

 

Mein persönlicher Eindruck vom Sudetendeutschen Museum

Die thematische Bandbreite der Ausstellungen und der Exponate fand ich sehr beeindruckend und ist ein Zeichen für die kulturelle Vielfalt in diesem Kultur- und Landschaftsraum. Jetzt ist mir dieser nicht unbekannt:

  • Meine Mutter stammt aus Schlesien, nicht weit von der polnischen Grenze entfernt. So sind viele eigene Erlebnisse und die Erzählungen meiner Kindkeit sehr stark aus dem Sudetenland geprägt. Vieles kommt mir bekannt vor, es ist nicht fremd.
  • Seit 1991 beschäftige ich mich als Fotograf vor allem mit dem Kultur- und Landschaftsraum von Südböhmen und dem Böhmerwald. Später kam noch das Interesse an ganz Süd- und Westböhmen mit der Hauptstadt Prag hinzu.
  • Seit 2000 bin ich beruflich in Tschechien und der Slowakei tätig und mit dem Land so ganz intensiv in Kontakt gekommen.
  • Über viele Jahre war ich so auch in Brünn als Projektort tätig und habe Mähren als Landschaft und als Kultur so auch kennen gelernt.

Böhmen, Mähren und Schlesien ist mir nicht fremd, ich fühle mich dort schon fast zu Hause.

Die Didaktik des Sudetendeutschen Museum in München ist ähnlich wie alle anderen modernen Museen in Deutschland, so manches ist dem modernen Zeitgeist geschuldet. Befremdlich finde ich die Konzeption, dass alle wesentlichen Inhalte heutzutage weitgehend durch moderne audio-visuelle Stationen vermittelt werden.

  • Die Inhalte werden mit einem RFID Code auf Smartphones als Audiofile übertragen.
  • Fast alle BesucherInnen laufen mit Kopfhörern durch die Ausstellung und der Blick ist am Smartphone gefesselt – äußerst befremdlich.
  • Eine Kommunikation miteinnader ist stark unterbunden, eine Verständigung ist nur mit lautem Reden möglich – sehr befremdlich.
  • Eine Station wir von jeweils einer BesucherIn somit belegt.
  • Einige Stationen waren wie in allen Museen heutzutage defekt.
"Nichts Geringeres und nichts Größeres als das Erlebnis namens Heimat"

Diesem Leitspruch am Eingang des Museum wird die Ausstellung aus meiner Sicht mehr als gerecht. Die Vielfalt der Landschaften, der reichen Kultur, des Handwerks und des Wirtschaftens ist schon beeindruckend. Andere Kulturräume waren in der vergleichbaren Zeitepoche bei weitem nicht so stark entwickelt.

In einem Ausstellungsexponat wird Europa in einer thematischen Karte mit den wesentlichen Umrissen und Gebieten gezeigt. Böhmen ist dabei als Herz im Zentrum der Gestal Europas dargestellt.

Ein schöner Sonntag Nachmittag, an dem ich mir die eigenen Erlebnisse, Erzählungen und Erfahrungen mit dem Kultur- und Landschaftsraum Böhmen, Mähren und Schlesien wieder einmal vor Augen führen konnte.

Der Besuch im Sudetendeutschen Museum hat sich absolut gelohnt!
Paul Eschbach

 

Und was noch erwähnenswert sei

Im zweiten Untergeschoß ist in einer Nische ein Fragment einer Caffeeteria gebaut – nur ganz ohne Betrieb. Wo bekomme ich nun einen Kaffee – auch dazu gibt es eine ganz charmante Lösung. Einfach das Hochufer zum Auer-Mühlbach hinunter gehen und am ehemaligen Bezirksamt von München zu – in dessen Räumen ist eine Gastwirtschaft mit dem passenden Namen „Bohemia“ eingezogen. Das Bohemia bietet eine Speisenkarte mit tschechischen und böhmischen Spezialitäten an.

So kann ich mittens in München endlich wieder einmal meine Bestellung auch in tschechisch
aufgeben. Die Bedienungen schauen mich mit meiner Bestellung in tschechisch hier in München 
fast genauso ungläubig an, wie in Budweis oder in Prag. Aber es kommt auch genau das was 
ich bestellt habe. 
Klappt doch!

Im Restaurant „Bohemia“ gebe ich mir einen Kaffee und einen böhmischen Palacinky mit Erdbeer-Marmelade und etwas Schlagsahne. Auf tschechisch bestellt fühle ich mich fast wie in Böhmen angekommen.

Ihre Meinung oder Kommentar interessiert auch andere LeserInnen